Hörbuch

»Frei Otto – Finding Form

Jens Harzer spricht Frei Otto«


Gedenkabend für Frei Otto in der Villa Stuck, München


Nachricht vom 11.06.2015











 





Ein Abend für Frei Otto


11.06.2015





»Die heitere, weltoffene und kunstsinnige Stadt München«. Drei Arbeiten von Frei Otto festigen diesen Ruf: Die temporäre Konstruktion der Altar-Insel des Eucharistischen Weltkongresses 1960, die Großvoliere in Hellabrunn in ihrer unvergleichlichen Schönheit, doch vor allem die kühne Konstruktion der leichten Olympiadachlandschaft. Sie ist ja viel mehr als eine Ikone der Architektur, sie ist zu einem Gesicht der Stadt München geworden.


Frei Otto verstarb am 9. März 2015. Um die Verbundenheit mit ihm noch einmal zu würdigen, hatten die Landeshauptstadt München und Cherbuliez Productions am 10. Juni 2015 in die Villa Stuck geladen. Als Hausherr begrüßte Michael Buhrs die Witwe Ingrid Otto und Familienangehörige und unter den Gästen viele Freunde, ehemalige Mitarbeiter und Kollegen von Frei Otto.

Hans-Jochen Vogel faszinierte die Gesellschaft. Er vermochte das Lebensgefühl der Stadt München zu vermitteln, das die Olympischen Sommerspiele 1972 prägte. Als damaliger Oberbürgermeister weiß er, welche Energie und Freude in die Planung und Realisierung floss. Diese Freude blieb den ganzen Abend spürbar.

Fritz Auer, der zu den Architekten dieser großen Unternehmung gehört, entwickelte noch einmal die Gedanken und Schritte, die zum Entwurf und zur endgültigen Realisierung führten.

Jens Harzer war vom Thalia Theater gekommen um Texte aus „Frei Otto – Finding Form“ zu lesen. Durch seine Kunst war Frei Otto an diesem Abend anwesend.

Gert Pfafferodt erinnerte daran, wie schwer Frei Otto an der Verantwortung als Konstrukteur trug und wies auf Konflikte und Belastungen hin. Er frug in seinem abschließenden Wort, ob nicht an die Olympischen Sommerspiele 1972 als ein Modell für ein heiteres, sportliches und kulturelles Fest für die Jugend der Welt erinnert werden sollte; ob nicht jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei, den Olympiapark als Weltkulturerbe auszuweisen, da sich in ihm die Geschichte der Bundesrepublik und die Anstrengungen Deutschlands zeigen, als weltoffenes und demokratisches Gemeinwesen wahrgenommen zu werden.


Auch die Landeshauptstadt München hat Frei Otto als einen wichtigen Innovator gewürdigt. OB Dieter Reiter hat sich diesbezüglich an die Witwe von Frei Otto gewandt. Der Kondolenzbrief wurde am 11.03.2015 unter dem Titel »Trauer um Olympiastadion-Architekten Frei Otto« mit dem Untertitel »OB Dieter Reiter würdigt Lebenswerk von Otto« unter folgendem Link auf der Webseite der LH München veröffentlicht.


Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter würdigt das Lebenswerk von Frei Otto in einem Kondolenzbrief an die Witwe Ingrid Otto:
 




sl-rasch
Fotos:

oben links:

Jens Harzer

oben rechts: Michael Buhrs

Hans-Jochen Vogel

Fritz Auer

unten links:

Gert Pfafferodt




„Mit Bestürzung habe ich vom Tod Ihres Ehemannes erfahren. Zu diesem schmerzlichen Verlust möchte ich Ihnen im Namen des Stadtrats der Landeshauptstadt München und vor allem persönlich mein herzliches Mitgefühl ausdrücken.


Frei Otto war einer der prägendsten Architekten, Ingenieure und Vordenker seiner Zeit: Sein Studium der Form und Funktion der Natur sowie deren Übertragung in die Technik dienen heute unter dem Oberbegriff Bionik der Problemlösung in den vielfältigsten wissenschaftlichen Bereichen. Lange bevor der Begriff der Nachhaltigkeit in unser gesellschaftliches Bewusstsein Einzug hielt, hatte er bereits die Notwendigkeit eines sparsamen und ressourcenschonenden Umgangs mit unserer Umwelt im Blick. Mit seinem Interesse am Experiment und dem Erforschen von bis dahin weithin unbekannten Bereichen der Baukunst hat er Pionierarbeit geleistet, deren Wirkung bis heute anhält.


Als Berater, Lehrer und Autor war Frei Otto prägend für mehr als eine Architektengeneration weltweit. Dem demokratischen Selbstverständnis der jungen Bundesrepublik Deutschland hat er mit seinen leichten und transparenten Bauten, ob für den Deutschen Pavillon auf der Expo 1967 in Montreal oder dem Olympiagelände in München 1972, einen architektonischen Ausdruck verschafft, der international Anerkennung fand.


Die Landeshauptstadt München hat Frei Otto mit den weltberühmten Zeltdachkonstruktionen des Olympiageländes sowie der Großvoliere im Tierpark Hellabrunn zwei ihrer herausragenden modernen Bauten zu verdanken. Die Leichtigkeit des Münchner Olympiadachs ist damit nicht nur zu einer Ikone der Weltarchitektur und zu einem Gesicht Münchens geworden. Für seine Verdienste ist Frei Otto mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse sowie mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet worden, der ihm noch zu Lebzeiten zuerkannt worden ist und nun leider nur posthum verliehen werden kann.


Sein vielleicht größter Verdienst für die Landeshauptstadt München besteht aber darin, mit seinen Olympiabauten auch und gerade dem Lebensgefühl einer Generation Ausdruck und Prägung verliehen zu haben, die zur Zeit der Münchner Olympischen Spiele und in den für die Stadtentwicklung so wichtigen Jahren davor und danach eine besondere Freiheit, Aufbruch und Freude empfunden hat. Ich wünsche Ihnen für die kommenden schweren Wochen viel Kraft und für die Zukunft auch Trost in dem Wissen, dass sein Andenken nie vergessen werden wird und sein Geist in seinen Werken weiterleben wird.“


Mit freundlicher Genehmigung des Oberbürgermeisterbüros der Landeshauptstadt München.